Gemeinde Bichl

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St. Georgskirche

Die Siedlung Bichl gehörte von Anfang an zum Grundbesitz des Klosters Benediktbeuern, das 739/40 von den Huosi gegründet worden war und bis 1803 bestand.

Erstmals wird sie neben anderen in den Unterlagen des Abtes Gothelm (1032-62) und in einer Urkunde des Kaisers Heinrich III. 1048 erwähnt: "Buron, Chochalon, Puhila, Orta" = [Benedikt]beuern, Kochel, Bichl, Ort (1). Damals reichte der Wald noch nahe an die Siedlungsgrenze heran.

Möglicherweise stand auf dem "Bichl" schon zur Rodungszeit eine St. Georgskapelle als "Verdrängungspatrozinium vorchristlicher Kulte" (P. Karl Mindera).

Zuständigkeit

Katholisches Pfarramt St. Benedikt
Dorfplatz 4, 83671 Benediktbeuern
Tel.: 08857 692 89-0

Link zum Pfarramt

Erste Erwähnung von St. Georg

Zu Beginn des 2. Kreuzzuges (1147) wird zum ersten Mal das Gotteshaus erwähnt, da Berhtoldus, ein Ministeriale von Benediktbeuern, "der Kirche auf dem Berg des hl. Georg in Bichl" vier Äcker in Steinbach schenkte (2). Diese Kirche hatte, wie schon P. Karl Meichelbeck vermutete, wahrscheinlich Abt Walther (1138 - 68) erbauen lassen. Sie überdauerte Jahrhunderte und auch die Stürme des Dreißigjährigen Krieges.

Als sie baufällig wurde, suchte man sie im Jahre 1666 mit Schlaudern zusammen zu halten. Abt Placidus Mayr (1671-89) ließ durch Kaspar Feichtmayr aus Forst bei Wessobrunn 1672 den Kirchturm in der heutigen Form errichten, gleichzeitig mit den beiden Türmen des Klosters Benediktbeuern (3). Zuvor und hernach erneuerte man die Einrichtung des Gotteshauses (Altäre und Kanzel).

Da seine Baufälligkeit zunahm, entschloß sich Abt Leonhard Hohenauer (1742-58) zu einem Neubau. Er beauftragte damit den berühmten Johann Michael Fischer, München, den Vollender der bayerischen Barockarchitektur, der damals gerade die Anastasiakapelle in Benediktbeuern aufführte.

Grundsteinlegung für die neue Kirche

Am 14. April 1751 wurde mit dem Abbruch der alten Kirche begonnen und vier Wochen später, am 15. Mai, der Grundstein zur neuen gelegt. Im Herbst des folgenden Jahres war der Bau vollendet, die Ausmalung zog sich noch etwas hin (4). Nachdem die Kirche zunächst nur benediziert und daraufhin in Gebrauch genommen worden war, nahm der Augsburger Weihbischof von Adelmann am 20. Juni 1758 die feierliche Konsekration vor.

Das Bichler Heiligtum gehört zu den künstlerisch hervorragenden Dorfkirchen der Barock- und Rokokozeit. Architektur, Ausgestaltung und Hauptaltar sind von überdurchschnittlicher Qualität und stammen von erstklassigen Meistern. Fischers typische Konzeption, wonach mehrere Teilräume zu einer rhythmischen Raumeinheit verbunden werden, kommt auch hier auf verhältnismäßig kleinem Grundriß überzeugend zum Ausdruck.

Der zentralisierende Hauptraum ist ein überkuppelter Kubus, wenn auch mit abgerundeten Ecken, und damit Symbol des himmlischen Jerusalem als Vollendung der Welt am Ende der Zeiten (vgl. Apok. 21, 9-16).

Die gleichfalls sehr gute Freskomalerei schuf wie in der nahen Anastasiakapelle Joh. Jakob Zeiller aus Reutte in Tirol. In der flachen Hängekuppel des Hauptraumes ist das Martyrium des Kirchenpatrons St. Georg (im Gewand des bayer. Georgiritters), im Chorgewölbe die Königin Alexandra, vornehm in Gestalt und Gewand, wiedergegeben, die sich auf die Predigt des Georg hin dem Christentum zuwendet. Die zusammenstürzende Götzenstatue deutet die Überwindung des Heidentums an. Ekklesia und König David im Vorraum bzw. über der Orgelempore; in den Zwickelfeldern des Mittelgewölbes die ausnehmend gut konzipierten, ergriffenen vier Evangelisten.

Stuckmalerei in bester Perspektive und Schattierung

Seltenheitswert in Oberbayern hat die mit Bravour ausgeführte, täuschend plastisch wirkende Stuckmalerei in bester Perspektive und Schattierung (vgl. Treppenhaus im Stift Göttweig und Altenburg/NÖ; hier auch die Bibliothek). Kunstmaler Franz X. Marchner, München, hat die Malerei 1976/77 gereinigt und einfühlsamst restauriert. Der wohl proportionierte, elegant aufsteigende Hauptaltar von Joh. Bapt. Straub mit seiner großartigen dramatischen und zugleich edlen Reitergruppe, der Drachenkampf des hl. Georg, vollendet das Kunstkleinod der Bichler Kirche. Dr. Peter Volk, München, entdeckte die Entwurfsskizze des Altares. Nach ihr wurde in den letzten drei Jahren der im vergangenen Jahrhundert arg entstellte Altar weitgehend rekonstruiert. Bereits entfernte ursprüngliche Einzelstücke konnten ihm wieder zugeordnet werden.

Kunstmaler Müller-Werther, Ebersberg, schuf im Anschluß an ein wiedergefundenes originales Teilstück die Landschaft der Altarrückwand. Das nüchterne Abschlußkreuz über dem Scheitel des Baldachins geht noch auf die Veränderung im letzten Jahrhundert zurück. Die schwierige Freilegung und Restaurierung der Reitergruppe - in Lebendigkeit und innerer Bewegungseinheit gleich vollkommen - geschah durch das Landesamt für Denkmalpflege unter Leitung von Fritz Buchenrieder. Die alte Marmorierung der Altararchitektur wurde durch die Fa. Mayrhofer, München, restauriert.

Die vom Benediktbeurer Kistler Heigl geschaffenen Seitenaltäre sind Maria (links) und Jakobus (rechts) geweiht. Ihre großen Statuen in der Mitte gehören dem letzten Jahrhundert an (Mayer'sche Kunstanstalt, München).

Im Jahre 1886 löste eine neue Orgel die bisherige von Herterich in Dirlewang ab. Nun soll abermals eine neue aufgestellt werden. Auf der rechten Seite im Chor das frühere Seitenaltarbild, das an die schlimmen Folgen der Pest im Jahre 1634 in Bichl und Umgebung erinnert.

Erwerb einer Georgs- und Jakobusglocke

Die ersten zwei der drei Glocken aus der Barockzeit (1637, 1710, 1715) wurden 1886 durch neue ersetzt. Im 1. Weltkrieg mußten sie abgeliefert werden. 1922 besorgte man ein vollständig neues Geläute. Den 2. Weltkrieg überstand nur die kleine Marienglocke. 1950 konnten durch Spenden der Einwohner von Bichl, Steinbach und Rain von der Fa. Wohlfahrt, Lauingen, eine Georgs- und Jakobusglocke hinzuerworben werden.

Schon die äußere Form der Kirche kündet vom besonders begabten Baumeister. Bei der Restaurierung der Fassaden 1974-76 ist Fischers Gestaltungsgedanken nachgespürt worden. Das in ausgeglichenen Proportionen errichtete und der Landschaft angepaßte Gotteshaus mit seinem edlen, hoheitsvollen Feichtmayr-Turm und mit der wohlgeformten Zwiebel krönt den "Bichl", überragt das gleichnamige Dorf und bindet es zusammen. Im natürlichen und im übernatürlichen Sinne weist es nach oben.

Die Gestalt des heiligen Georg

Bei der Gestalt des Ritters Georg ist zwischen historischem Kern und dem Kranz der sinnreichen Legenden um ihn zu unterscheiden. Frühe kultische Verehrung in Kleinasien, Palästina (Lydda-Diospolis zwischen Joppe und Jerusalem) und in Syrien verbieten den Zweifel an seiner geschichtlichen Existenz. Wahrscheinlich war Georg Soldat im römischen Heer und erlitt für das christliche Bekenntnis den Zeugentod, vermutlich durch Enthauptung. In Lydda-Diospolis erbaute man ihm früh zwei Kirchen, die von den Jerusalempilgern besucht wurden.

Schon im 6. Jahrhundert kam die Verehrung Georgs nach Gallien und anschließend ins ganze Abendland, wo man ihm Burgen, Kirchen und Kapellen weihte. Durch die Kreuzzüge erfuhr der Kult starke Förderung. Georg wurde Patron der Ritter, der Kreuzfahrer, mehrerer Länder, der Schützen, aber auch der Bauern und ihres Besitzes, der Pferde und des gesamten Viehs (Fest am 23. April). Den bayerischen Hausritterorden vom heiligen Georg - während der Kreuzzüge im 12. Jahrhundert gegründet - erneuerte Kurfürst Karl Albrecht VII. im Jahre 1729.

Die Verehrung der Heiligen und Märtyrer gründet in der Verehrung Gottes, dessen Gnade letztlich allein der Ausschlag für ihre Güte und Treue zukommt. Gott, dem Dreieinen, ist die Kirche in Bichl zuerst geweiht.

Der Kampf des mutigen, jugendlichen Glaubenshelden Georg mit dem Drachen ist eine symbolische Darstellung des notwendigen, entschiedenen und selbstlosen Auftretens gegen das vielfältige Böse in und um uns im Vertrauen auf die Kraft Gottes, des Wahren und Schönen.

Dr. Leo Weber SDB

Quellen:
(1) Karl Meichelbeck, Chronicon Benedictoburanum, o. O. 1751, I 40; - MGH SS IX, p. 223; - Mon. Boi. VII 40.
(2) Meichelbeck, Chron. Ben. I 99, II 24; - vgl. Hanna Maria Maier, Zur Ministerialität des Klosters Benediktbeuern, in: Leo Weber (Hrsg.), Kloster Benediktbeuern. Gegenwart und Geschichte, Benediktbeuern 1981, 168.
(3) Karl Mindera, Benediktbeuern. Das Handwerk im Dienste der Kunst auf dem Boden der Grundherrschaft Benediktbeuern, München 1939, 52, 45.
(4) Vgl. A.a.O. 52 - Hier wird auch für die Fertigstellung der Malerei der Herbst 1752 angenommen. Die Signatur des Deckengemäldes im Hauptraum besagt jedoch: "Jo. Jacob Zeiller inv. et fecit 1753".