Kurzer Überblick über die wechselvolle Geschichte des Ortes
Wie und wann die Siedlung Bichl ihren Anfang nahm liegt im Dunkel der Frühgeschichte. Durch seine, an einer Wegkreuzung gelegenen zentralen Lage ist anzunehmen, dass der Ort bereits vor der Gründung des Klosters Buron existierte.
Archäologische Funde im Walchensee, eine Wallanlage in Altjoch und eine Siedlung in Sindelsdorf bezeugen, dass unsere Gegend schon sehr früh von Menschen bewohnt wurde. Mit der Gründung des Klosters um die Mitte des 8. Jh. wurden ansässigen Bauern zu Leibeigenen, sie mussten Abgaben und viele unbezahlte Dienste leisten. Im ersten Drittel des 10. Jh. widerfuhr dem Kloster eine Teilsäkularisierung. Dadurch verlor es sein Kernland zwischen Bichl und Kochel sowie viele Besitzungen im weiten Umkreis. Hochadelige Vasallen erhielten vom Herzog die enteigneten Güter als Lehen, die sie dann fast ein Jahrhundert lang nutznießen konnten. Der Einfall ungarischer Reiterhorden um 950 führte schließlich zur Aufgabe des Klosters, das dann 1031 von Mönchen aus Tegernsee reaktiviert wurde. Um das wirtschaftliche Überleben zu sichern, konnten viele der ehemals entlehnten Ländereien wieder zurückgewonnen werden, darunter auch das Kernland. Zwei Urkunden, angeblich von König bzw. Kaiser Heinrich III. im Jahr 1048 ausgestellt, sollten das Kloster als rechtmäßigen Besitzer ausweisen. Die Echtheit der Urkunden wird heute angezweifelt. In einer der Urkunden wird erstmals der Ort Bichl, damals Puhila genannt, erwähnt. Zur selben Zeit wanderten etwa 150 Leute aus der Gegend um Gilching, Solln, Tutzing, Söchering sowie aus Bichl und Benediktbeuern auf die Lessinische Hochebene nordöstlich von Verona aus.
Erste Angaben über die Größe der Ortschaft stammen aus dem Jahr 1294. Genannt werden 8 Höfe, 1 Mühle und 2 Lehen. Im Jahr 1634 durchlebte der Ort eine verheerende Katastrophe. Von August bis November wütete die Pest und raffte von den schätzungsweise 300 Einwohnern ca. 130 dahin. Nach dem Rückgang der Seuche waren von den annähernd 35 Anwesen etwa 8 verwaist. Danach begann eine rasche Erholungsphase. Verwaiste Höfe wurden wieder bezogen, in andere heirateten Zuwanderer aus Tirol und der Schweiz ein. Rund 50 Jahre später hatte der Ort wieder den ursprünglichen Einwohnerstand und konnte 44 Anwesen vorweisen.
Es kam immer wieder zu Kriegen, zu denen Väter und Söhne eingezogen wurden. So 1705 zur Sendlinger Bauernschlacht, 1812 zu Napoleons Russlandfeldzug und 1870 ging es nach Frankreich. Gegen einfallende Tiroler musste die Heimat öfters verteidigt werden.
Mit der Säkularisation 1803 kam es zum Paradigmenwechsel. Das Kloster wurde aufgelöst, das gesamte Vermögen ging auf den Bayerischen Staat über, die Leibeigenschaft endete, Bauern konnten ihre Höfe und Gründe freikaufen und darüber frei verfügen. Das führte in den folgenden Jahrzehnten zu zahlreichen Immobiliengeschäften. Viele der ehemaligen Klosterangestellten verloren ihre Arbeit und lebten in Armut.
Politische Gemeinden wurden gegründet, wobei man Bichl der Gemeinde Laingruben unterordnete. 1822 konnte Bichl seine politische Selbstständigkeit erwirken.
Ein weiteres katastrophales Ereignis war der Großbrand im Oktober 1849 in der Ortsmitte, dem 9 Höfe zum Opfer fielen. Vier der betroffenen Hofbesitzer siedelten an die Ortsränder aus, ein Anwesen wurde aufgegeben.
Infrastrukturell konnte der Ort immer schon wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Schon in der Frühzeit führte eine Straße aus Richtung Wolfratshausen nach Kochel. Der Kesselberg und der weitere Weg bis in die Wallgauer Gegend konnte nur mit Tragtieren überwunden werden, weiter ging es dann auf der ehemaligen Römerstraße Via Raetia ins Inntal und nach Italien. Eine sogenannte Salzstraße verlief über Rosenheim, Tölz und Bichl ins Allgäu. Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung wurde Bichl ab 1898 von zwei Eisenbahnlinien angefahren. Ab dem Ausbruch des 1. Weltkrieges verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage. Söhne und Väter wurden rekrutiert und fehlten in der Landwirtschaft. Viele von ihnen kamen ums Leben oder waren körperlich und seelisch geschädigt. Nach einer kurzen Erholungsphase begann der 2. Weltkrieg, der ebenfalls massenhaft Opfer forderte. In den Jahren 1945-46 fanden viele Flüchtlinge und Heimatvertriebene im Ort eine neue Bleibe. Vor dem Krieg hatte Bichl 845 Einwohner, nach 1946 waren es 1310 Einwohner. Durch den grassierenden Wohnungsnotstand kam es zu Zwangseinweisungen in viele Bauernhöfe, die Integration verlief relativ problemlos. Die kommenden Jahrzehnte brachten einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung, der zur Folge hatte, dass viele der bäuerlichen Anwesen die Landwirtschaft aufgaben. Viel Aufregung verursachte die Gebietsreform im Jahr 1972, wobei die Gemeinde Bichl in eine Verwaltungsgemeinschaft mit Benediktbeuern gedrängt wurde.
Die erste Volksschule in Bichl nahm 1876 ihren Lehrbetrieb auf, der bis 1969 fortbestand. Durch Gründung eines Schulverbandes mit den Gemeinden Benediktbeuern, Kochel, Bad Heilbrunn folgte ein zentraler Neubau auf Benediktbeurer Flur. Das Bichler Schulhaus verlor dadurch seine Funktion und wurde verkauft.
Dem geschichtsinteressierten Leser bietet die 2012 herausgegebene Orts-chronik weitere umfassende und detaillierte Einblicke in die Historie des Ortes. Unter anderem schildert das Werk auf über 400 Seiten die bauliche und wirtschaftliche Entwicklung, den harten Alltag der Bauern und deren Hofgeschichten, den Bergwald und dessen Nutzung.
Auch über Handwerk, Gastronomie, die vielseitige Kultur, Kirche, über herausragende Persönlichkeiten und vieles mehr wird ausführlich berichtet und mit reichhaltigem Bild-material hinterlegt.
Zu beziehen im Bichler Rathaus.